Errichtung einer Eisenbahntunnel-Übungsanlage (ETÜA) am Standort Crossen

Die Errichtung einer Eisenbahntunnel-Übungsanlage (ETÜA) am Standort Crossen ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Ausbildung und Schulung von Einsatzkräften für den Notfall in Eisenbahntunneln. 

Fachlicher Bedarf: 

Im Rahmen des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit (VDE) entstand eine Hochgeschwindigkeits-Neubaustrecke, die von München nach Berlin-Leipzig führt. Der Streckenabschnitt Ebensfeld-Erfurt als Teil dieser Maßnahme (VDE 8.1) wurde bereits Mitte der 90er Jahre planfestgestellt und ging Ende 2017 fahrplanmäßig in den Betrieb. Der Streckenabschnitt hat eine Länge von ca. 107 km. Auf diesem Abschnitt entstanden 22 Tunnel mit einer Gesamtlänge von ca. 41 km und 30 Brücken mit einer Gesamtlänge von über 12 km. Von diesen 52 Ingenieurbauwerken reihen sich im Thüringer Wald 19 Tunnel und Brücken abwechselnd auf einer Länge von ca. 30 km nahtlos aneinander. An den Abschnitt der VDE 8.1 schließt sich die Neubaustrecke VDE 8.2 nahtlos an. Der “Finne“-Höhenzug wird mit drei Tunneln in einer Länge von 15,4 Kilometer durchquert. Darauf folgt die längste Eisenbahnbrücke Deutschlands mit einer Länge von 6,5 Kilometern. Aufgrund der großen Anzahl von Ingenieurbauwerken und deren dichten Aneinanderreihung ist diese Streckenführung in Deutschland einzigartig und stellt die örtlich zuständigen - zumeist freiwilligen Feuerwehren, vor sehr große Herausforderungen. Aktuell ist das Gefahrenabwehrkonzept für die Eisenbahntunnel entlang der VDE 8 das umfangreichste in Thüringen.

Um im Ereignisfall entsprechend agieren zu können, wurden in Thüringen 21 Tunnelbasiseinheiten (TBE) etabliert. Diese bestehen jeweils aus 5 Fahrzeugen, welche idealerweise jeweils durch eine Feuerwehr besetzt werden. So sind dies allein über 100 Freiwillige Feuerwehren, welche in der Thematik “Ereignisbewältigung in Eisenbahntunneln“ geschult werden müssen.

Eine TBE besteht aus mind. 21 Einsatzfunktionen, welche im besten Fall dreifach besetzt werden sollen. Somit ergeben sich rechnerisch mind. 1.323 Einzel-Funktionen für alle 21 TBE. Ergänzend kommen noch die örtlich-zuständigen (Portal-) Feuerwehren hinzu sowie die Wehren mit weiterer Spezialtechnik. Hier kommt die in den Landkreisen dissoziierte Technik zum Einsatz, welche ebenfalls mit einer dreifachen Besetzung Berücksichtigung fand (234 Funktionen).

Der Thüringer Innenminister besucht regelmäßig die Feuerwehren der Tunnelbasiseinheiten sowie die Ingenieurbauwerke selbst. Zuletzt im Rahmen der #RespektdenRettern Tour 2023. Schauen Sie doch gern direkt unser YouTube-Video dazu an unter: https://youtu.be/BU2Grg13dik

Daraus ergibt sich der konservativ geringe Ausbildungsansatz von ca. 1.500 Rettungskräften. Jedoch sollte jeder der entsprechenden Rettungskräfte (aus allen Feuerwehren - ca. 4.500 bis 5.000 Rettungskräfte) idealerweise jede Einsatzfunktion im Tunnelbauwerk besetzen können. Eine natürliche Fluktuation in den Feuerwehren fand dabei noch keine Berücksichtigung in der Berechnung.

Um die Thüringer TBE entsprechend zu schulen und auszubilden, bedarf es dem etablierten Gefahrenabwehr- und Übungskonzept folgend einer Übungsanlage für eine nahezu reale Ereignisbewältigung (u.a. eine Echtfeuer- Brandsimulationsanlage, innerhalb derer eine reale Brandbekämpfung erfolgen kann) – eine Eisenbahntunnelübungsanlage (ETÜA).

Aktuelle Schulungen

Als Zwischenlösung wird bislang die Übungsanlage der International Fire Academy (IFA) in der Schweiz genutzt. Die bisherigen Schulungen decken den tatsächlichen Bedarf allerdings bei weitem nicht ab. So lag der Fokus zur Lehrgangsvergabe bei den Führungskräften, welche das erworbene Wissen innerhalb Ihrer Feuerwehren als Multiplikatoren vermitteln sollten.

Aktuell wird jedes Jahr ein Lehrgang für die Ereignisbewältigung in Straßentunneln und einer für Eisenbahntunnel durchgeführt. Die theoretischen Grundlagen werden an der TLFKS ausgebildet und die Lehre der praktisch-taktischen Vorgehensweise erfolgt - unter der Vorgabe des Thüringer Einsatzkonzeptes - an der IFA. So haben jedes Jahr ungefähr 20 Führungskräfte (von ca. 100 Feuerwehren) die Möglichkeit, eine entsprechende Schulung zu besuchen. Weitere externe Lehrgänge sind aufgrund der personellen und organisatorischen Situation aktuell durch die TLFKS nicht leistbar. Auch die Kapazitäten der IFA lassen keinen weiteren Spielraum zu, da die Anlagen bereits über Jahre ausgebucht sind.

Langfristige Umsetzung

Nach Verhandlung mit der DB AG konnte in nahezu idealer geografischer Lage zur TLFKS (ca. 6 km Entfernung) ein Grundstück im Bereich des Bahnhofes Crossen erworben werden, um dort eine solche Übungsanlage errichten zu können.

Seitdem wird in Verantwortung des Thüringer Landesamtes für Bau und Verkehr Gera (TLBV) die Errichtung eines Übungstunnels mit Leitstand und einem Außengelände zur Übung am liegenden Bahnwaggon geplant.

Eine Projektexkursion zur IFA Schweiz sowie die Begehung eines Tunnels der VDE 8.1 mit Vertretern des Planungsteams, des TLBV, der TLFKS und der PG TLFKS 2.0 des TMIK haben ein fundamentales Verständnis für die Projektrealisierung geschaffen.

Aktuell wird die Genehmigungsplanung erstellt. Die bauliche Realisierung soll Ende 2025 beginnen. Der überarbeitete Rahmenterminplan weist eine Fertigstellung zur Übergabe an den Nutzer im Jahr 2028 aus. Der Gesamtkostenrahmen beträgt ca. 27 Mio. Euro.